
Bild: Gemoddeter Pre73, Kabelsalat serienmäßig aber vorne links die beiden neu eingebauten blauen Carnhills und hinten rechts der dicke rote Ausgangsübertrager desselben Herstellers.
The Sound Is In The Iron – diese Weißheit ist nicht nur unter Entwicklern von Audiotechnik inzwischen ein fester Begriff. Jeder Anwender, der das Vergnügen hatte einen Preamp zu benutzen welcher an den Ein- und Ausgängen Übertrager (engl.: Transformer) besitzt, weiß das diese Bauteile dem Sound einen unverwechselbaren Charakter geben. Der Sound bekommt quasi einen Stempel aufgedrückt, Worte wie „Warm“ und „Fett“ sind treffendsten Beschreibungen. Die Firma Golden Age Project hatte vor einiger Zeit die Idee, man könnte doch eine solche, klassische Konstruktion auch mal in China herstellen lassen und so für kleines Geld den fetten Sound einer breiteren Anwenderschaft zur Verfügung stellen. Man zog dazu den frühen Geniestreich von Rupert Neve heran. Dieser hatte in seinen 1073-Modulen einen diskreten Transistor-Preamp mit Ein- und Ausgangsübertragern verwendet, der heute noch als Maßstab gilt und in Gestalt von mehreren Clones (Brent Averill, AMS-Neve, Aurora, Chandler) auch heute noch erhältlich ist.
Der Pre73 ist also die Made-in-China-Version dieses Geräts. Die Schaltung ist recht ordentlich gemacht, Verarbeitungsqualität und Layout sind durchaus Ihr Geld wert. Klanglich gesehen schrammt der Pre73 allerdings deutlich an seinen teuren Vorbildern vorbei. Träge Transienten-Abbildung, Muff und die Neigung schnell zu verzerren machen das Gerät relativ unsympathisch. Aber woran liegt das eigentlich ? Die Schaltung ist fast 1:1 von Neve übernommen… bleiben die Übertrager. Heutige Neve-Clones benutzen Übertrager der englischen Firma Carnhill, welche die Bauteile die in den orignalen Neve-Modulen zum Einsatz kamen immernoch herstellt. Die Chinesen dagegen bauten ihre eigenen Übertrager in den Pre73 ein, um Kosten zu senken und um den Aufwand gering zu halten. Es ist sozusagen ein Clone im Clone.

Bild: Oben die „Chinesen“, unten deren Pedants aus England. Sehr gut zu sehen, die Carnhills weisen eine wesentlich dickere Wicklung auf, was darauf schließen läßt das die Kollegen in China auf günstigere Materialien zurückgegriffen haben.
Ich habe, angeregt durch diverse Diskussionen in Foren und mit Usern mal das Experiment gewagt, die orignalen Carnhill Trafos-in den Pre73 einzubauen – und siehe da : Das bringt eine ganze Menge ! Transienten werden sauberer abgebildet, der Klang wird insgesamt transparenter, Verzerrungen treten erst bei brutalen Pegeln auf und nicht wie vorher schon bei halber Kraft. Ein lohnenswerter Mod also, keine Spielerei.
Wirtschaftlich gesehen mag es auf den ersten Blick ein Totalschaden sein, da ein Umbau, den ein Anwender bei mir in Auftrag gibt, mit 350 Euro zu Buche schlägt. Die Übertrager sind schließlich nur in kleinen Stückzahlen gefertigt und enstprechend teuer. Und es ist auch schon ein wenig Arbeit das alles in der Kiste unterzubringen. Der Pre73 selbst kostet ca. 300 Euro. Allerdings kann sich ein umgebauter Pre73 tastächlich mit wesentlich teureren Geräten messen, es gibt in der Preisklasse zwischen 650 und 1200 Euro nichts was so sehr nach Neve klingt. Ein Brent Averill 1073 spielt nach wie vor in einer anderen Liga allerdings kostet der auch noch mal wesentlich mehr. Für kleinere Budgets ist der gemoddete Pre73 allerdings eine Überlegung wert.
Chinese Democracy,
Arne