Die Wahrheit über Plug Ins ? Na ja nicht wirklich aber ein ganz interessanter Ansatz um sich mal vor Augen zu führen was da so alles passiert im Rechner.
Anlass ist dieser Artikel auf Gearslutz.com. Der ist zwar schon etwas älter aber das macht ihn nicht minder interessant. Was geht da vor sich ? Ein Kollege hat sich mal einen VST-Signalgenerator plus VST-Analyser besorgt und einige Plug Ins auf Herz und Nieren geprüft. Warum auch nicht, im richtigen Leben machen die einschlägigen Audiomagazine das mit der Hardware ja auch. Der Mann fand in seinen Messergebnissen diverse Anhaltspunkte die in der dann folgenden Diskussion als Pro/Contra zu bestimmten Plug Ins oder zu Software vs. Hardware im Allgemeinen gehandelt wurden. Vorab sei gesagt das das dort keine wissenschaftliche Betrachtung ist, die Messmethoden sind grenzwertig. Allerdings hat der Autor auch keinen anderen Anspruch erhoben. Der Thread ist riesig und ich will ihn hier nicht wiedergeben sondern nur kommentieren und zwar grob. Wer sich alles durchließt kann die Kernaussage auf drei Punkte runterbrechen:
1. Manche Plug Ins erzeugen harmonische Oberwellen
2. Manche Plug Ins erzeugen sog. Seitenbänder
3. Manche Plug Ins haben mit Aliasing zu kämpfen
Was lernen wir daraus ?
Harmonische Oberwellen werden von den Entwicklern mit Absicht eingebunden. Der Grund ist einfach: Das ganze klingt „echter“, „lebendiger“ bzw. falls es sich um ein nach einem realen Vorbild gemodelten Plug In handelt wird dessen Verhalten mehr oder weniger exakt nachgebildet. Gerade das hinzufügen von harmonischen Oberwellen ist oftmals eine wesentliche Eigenschaft der beliebten Klassiker.
Zweitens, die Sache mit den Seitenbändern: dabei handelt es sich um Signale unterhalb und oberhalb des eigentlichen Nutzsignals die durch Modulation der Amplitude entstehen. Fachchinesisch, aber ich versichere Euch das will man nicht haben, es sei denn man bastelt sich gerade einen Radiosender. Schlampig programmiert könnte man jetzt sagen, ist aber nicht so. Eher Fehlbedienung. Die Messsignale werden im Beispiel oft durch Kompressoren mit wahnsinnig schnellen Attackzeiten gejagt – Ergebnis ist das die Wellenform verbogen wird. Dadurch kommen die Seitenbänder zustande. Unangenehmer Effekt, klingt nicht schön. Wer die Sache etwas ruhiger angehen läßt kann das vermeiden.
Bleibt noch das Aliasing. Produziert das Plug In viele Oberwellen und/oder hat man auch noch die Seitenbänder am Hals kann das übel ausgehen. Laut Dr. Nyquist (schlauer Mann und Physiker) muss in einem digitalen System die Samplefrequenz doppelt so hoch sein wie die höchste zu verarbeitende Frequenz des Nutzsignals. Also ist bei 44.1kHz dann Schluss bei 22.05 kHz. Alles was darüber liegt wird leider vom System nicht automatisch ignoriert sondern taucht in Form einer Teilfrequenz wieder im Nutzsignal auf. Mit Pech sind unsere netten analogen Oberwellen und die schlampigen Seitenbänder dann am Start und verhageln uns das Signal. Klingt extrem mies, wer die Anfangszeit der digitalen Welt noch miterlebt hat kennt den Effekt. Eklig. Vermeiden können den Effekt eigentlich nur die Entwickler, die sollten eigentlich sicherstellen das die Software auch auf 44.1KHz vernünftig funzt. Der Anwender kann sich im Falle des Falles noch in 88.2 kHz oder höher flüchten mit allen Nachteilen wie mehr CPU-Last, höhere Speicherbedarf. Ist aber eh praxisfremd wenn man gerade anfängt zu mixen und alles schon im Kasten ist. Oder man verzichtet von vornherein auf Plug Ins die viel Oberwellen-Action machen, was aber auch langweilig sein kann, da steriler. Der Punkt das Softwarehersteller das Aliasingproblem auch schon in der Entwicklung beseitigen können wird im Übrigen mit höherer Rechenleistung und allerhand Filtern erkauft. Ersteres nervt den Anwender durch schlechtere Performance des Rechners, letzteres kann zu anderen nicht minder üblen klanglichen Problemen (Phasengang, Verzerrungen) führen.
Was nun ? Alles Mist ? Nein. Jedes Verfahren der Audiobearbeitung hat seine Vor- und Nachteile. Man kann nicht etwas bekommen ohne etwas dafür zu geben (das kann nur das Finanzamt), alles ist in der Summe immer ein Kompromiss.
Das gilt im Übrigen auch für analoge Hardware – die Probleme sind dort nur ganz andere. Was hilft ist die Ohren aufzusperren, öfter mal Bypass zu drücken und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Ausserdem sind Messungen auch immer nur die halbe Wahrheit.
Bis denne
Arne